Vertraute Liedform: Klassik-Pop-Crossover in der Pianobar

Das Klischee des egozentrischen Komponisten, der abgeschottet im stillen Kämmerlein über seinen Notenblättern hängt und von der Muse geküsst ein neues einmaliges Meisterwerk schafft, hält sich bis heute. Was bei diesem Bild aber zu kurz kommt: Auch Bearbeitungen und Variationen von Eigen- sowie Fremdkompositionen waren zu Bachs und Mozarts Zeiten weit verbreitet.
Für mich ist dies ein wesentlicher Kern des Musikmachens: sich auszutauschen, in einen Dialog zu treten. Neben dem Komponieren eigener Stücke, schreibe ich mit großem Vergnügen Bearbeitungen klassischer Melodien oder auch so mancher Volkslieder.
Mein neues Release, die Reihe Piano Classics, bringt zwei Sphären zusammen, die auf den ersten Blick eher weniges gemein haben: klassische Werke der Renaissance- sowie Barockzeit und Barmusik. Ein Klassik-Pop-Crossover sozusagen.
Liedform und Variation in der Musikgeschichte

Gehen wir noch einmal in der Musikgeschichte zurück. Variationenwerke und Lieder zählen zu den ältesten Musikformen. Das Besondere ist: Lieder verbinden alle Zeiten – von Renaissance und Barock bis in die zeitgenössische Popmusik. Musik lebt vom Austausch und von der Modifikation bestehender Motive, sie lebt von der Wechselbeziehung zwischen Form und Öffnung. Variationen prägten ebenso die Praxis alter klassischer Meister wie auch die der Musiker*innen im Blues und Jazz sowie die Remix-Kultur in der Popmusik.
Die Liedform mit ihren wiederholenden Elementen ist fest in unserer Kultur verankert, ihr simpler Aufbau und ihre eingängigen Melodien prägen unsere Hörgewohnheiten von klein auf.
Klassik-Pop-Crossover: Bach, Rameau und Telemann in der Pianobar

In meiner Laufbahn als Pianist habe ich mich mittlerweile durch ein vielseitiges Spektrum der klassischen Klavierliteratur durchgespielt und mein Repertoire über die Jahre um ganz unterschiedliche Werke klassischer Komponist*innen bereichert. Dieses Repertoire bildet die Ausgangslage für meine Auswahl der Bearbeitungen von Piano Classics. So steht die Liedform hier zwar im Vordergrund, nicht alle Stücke aber, die auf Piano Classicserscheinen, wurden von ihren ursprünglichen Urhebern in der Liedform verfasst. So stammen einige der Melodien auch aus größeren Werken, aus deren Kontext ich sie herausgelöst habe.
Piano Classics 1 erschien bereits 2014 als CD. Bei diesem Re-Release können Sie sich nun auf eine besonders gute Aufnahmequalität in High-Resolution Audio freuen. Die Kompilation umfasst Bearbeitungen von Johann Pachelbel, François Couperin, Georg Philipp Telemann und anderen. Einige Stücke sind leicht, manche auch ziemlich beträchtlich verändert. Zum Beispiel der Song „Die Muse küsst zartbitter“, eine Bearbeitung von Couperins „La muse platine“.
Piano Classics 2 setzt das Klassik-Pop-Crossover dann in chronologischer Reihe fort. Mit dabei sind unter anderem Melodien von Jean-Philippe Rameau, J. S. Bach, Georg Friedrich Händel und Domenico Scarlatti.
Einige der Originale zu den Bearbeitungen können Sie übrigens auch in meiner Klassikreihe Lebendige Tonwelt hören.

Musik geht durch den Magen

Gewöhnlicherweise spiele ich die Stücke zur Hauptessenszeit in der Piano Bar des Excelsior Hotel Ernst in Köln. Und auch beim Piano Brunch kommen die Piano Classics gut an. Denn obwohl die Originalstücke den meisten Zuhörer*innen nicht bekannt sind, schafft ihre Übertragung in die Liedform eine Atmosphäre, die vertraut ist und unaufdringlich einen idealen Raum für Essen und anregende Gespräche kreiert.
Selbst klassische Konzertgänger*innen sind meistens eher mit den Orchesterstücken der alten Meister bekannt und weniger mit Stücken aus der Klavierliteratur. Eine Ausnahme bildet der Song „Bach.a.rach“, zu finden auf Piano Classics 2. Hierbei handelt es sich um eine Bearbeitung des ersten Menuetts in G-Dur aus dem Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach – ein Stück, dass fast jede*r der/die Klavierspielen gelernt hat, irgendwann einmal selbst geübt hat.
Die meisten Reaktionen lassen sich wohl beim „Country Shuffle March“ erhaschen. Das zeigt sich nicht nur in so manch rhythmischer Bewegung der Gäste, auch Anwesende, die lediglich an der Pianobar vorbeigehen, laufen beschwingt.
Neuerscheinungen im März und April
Piano Classics 1 erscheint als digitales Re-Release in High-Resolution Audio am 18.03.2022. Die Erstveröffentlichung von Piano Classics 2 folgt darauf im nächsten Monat am 08.04.2022.
Reinhören können Sie in beide Kompilationen auf den gängigen Streaming-Plattformen:
Piano Classics 2
Eine Fortsetzung der Piano Classics-Reihe ist übrigens geplant. Ein kleiner Vorgeschmack: Haydn, Schubert und Mendelssohn sind einige der bekannten Namen, die Sie auf Piano Classics 3 finden werden. Mit weiteren Bearbeitungen romantischer Stücke (u. a. Grieg, Schumann und Chopin) schließt auch Piano Classics 4 chronologisch an die Reihe an.
Bleiben Sie gesund – und vielleicht bis auf irgendwann bald in der Pianobar.
Herzlichst
Marcus Sukiennik
Neuerscheinungen im Monat März und April

- Piano Classics 1 & 2 erscheinen auf den gängigen Streaming-Portalen
- YouTube Release Video
- Lern-Video (auf die Hände Ansicht)
- Klaviernoten als Notenalbum gedruckt (Piano Classics 1) und als PDF (beide Alben) in meinem Shop
- Leadsheet C-Stimme – Melodie mit Akkordsymbolen – gedruckt (Piano Classics 1) und als PDF (beide Alben)